May I introduce you to the Deppenapostroph?

Sprachkritik wertet. Das unterscheidet sie von der Sprachwissenschaft, die lediglich beobachtet. «Fehler und Fehlentwicklungen gibt es in der Sprache nicht», schreibt der Sprachwissenschaftler Peter von Polenz. Am sogenannten Deppenapostroph («Otto’s Café») würde einen Linguisten nur interessieren, wo und wie oft er auftaucht. Der Sprachkritiker dagegen wird nicht müde, darauf hinzuweisen, dass das Genitiv-s im Deutschen, anders als im Englischen, keinen Apostroph bekommt, also richtig: «Ottos Café». (Während des Ersten Weltkrieges nahmen Cafébesitzer in Wien den Accent aigu vom e, um nicht als Franzosenfreunde zu gelten.) Der Deppenapostroph ist ein Fall der gedankenlosen Übernahme aus dem Englischen, mit fatalen Folgen, etwa der Absurdität, ihn auch vor das Plural-s zu setzen: «Pizza’s zum halben Preis».

Sprache entwickelt sich: Mit dem Satz versuchen liberale Geister (oder bloss schlampige Sprecher) jedes neue Phänomen zu rechtfertigen. Der Sprachkritiker wendet sich gegen diesen Egalismus und fragt, ob die Entwicklung, das Aufkommen neuer Ausdrücke, der Sprache guttut oder nicht. Er fragt, ob es sich bloss um eine Mode handelt – wie «mega» als verstärkendes Adverb oder «Alter» als Passepartout-Anrede –, die irgendwann von einer anderen abgelöst wird, oder um eine Eintagsfliege aus der Werbung, die bewusst gegen Regeln verstösst («Hier werden Sie geholfen»). Derartiges ist höchstens befremdlich.

Wo ein Apostroph gesetzt werden kann:
Der Apostroph kann dort gesetzt werden, wo das Pronomen “es” zu “s” verkürzt ist: Wie geht’s? Nimm’s leicht! Hat’s geschmeckt? Hat er’s kapiert? Sag’s mir! So steht’s geschrieben.
Seit der Zulassung der Rechtschreibreform gilt hier der Apostroph als entbehrlich, man darf daher auch schreiben: Wie gehts? Nimms leicht! Hats geschmeckt? Hat ers kapiert? Sags mir! So stehts geschrieben.
Der Apostroph kann dort gesetzt werden, wo jemand ein Geschäft eröffnen und dazu ein Schild mit Genitiv anbringen will (aber nur dann): Bellini’s Bar; Gustav’s Grillstation; Willi’s Weinkontor.

Wo ein Apostroph nicht gesetzt werden darf:
Der Apostroph wird nicht gesetzt bei Verschmelzung von bestimmtem Artikel und vorangehender Präposition: aufs Dach, unters Bett, ins Haus, hinterm Deich, unterm Tisch, beim Essen, vorm Tor, fürs Kind.
Absolut fehl am Platz ist der Apostroph beim Plural-s: Autos, Babys, Clubs, Dias, E-Mails, Parks, Ponys, Singles, Taxis, Tees, Videos, Zoos.
Dasselbe gilt für Abkürzungen, die im Plural stehen. meine CDs, deine DVDs, die GmbHs, alte LPs.

Wo ein Apostroph gesetzt werden muss:
Bei Auslassungen im Wortinneren: Ku’damm, M’gladbach, Lu’hafen, D’dorf
Bei der Kennzeichnung des Genitivs von Namen, die auf s, ss, ß, tz, z und x auslauten. Der Apostroph ersetzt hier das Genitiv-s: Hans’ Mutter, Max’ Cousine, Grass’ Romane, Ringelnatz’ Gedichte.
Dies gilt aber nicht, wenn vor dem Namen ein bestimmter Artikel steht: die Mutter des alten Hans, die Cousine des strammen Max, die Romane des Günter Grass, die Gedichte des Joachim Ringelnatz.

Christoph Frei, Akademisches Lektorat, CH-8032 Zürich