DAS MEISTE LERNT MAN, OHNE ES ZU MERKEN

Sicher kannst auch Du das Lernen lernen, sofern Du über die nötige Selbstmotivation verfügst, die richtigen Lernstrategien kennst und in Sachen Selbstorganisation richtig strukturiert bist. Um Wissen nicht nur rein zu pauken und wieder zu vergessen im Sinne der Lernbulimie, sondern das Gelernte auch zu behalten, musst Du trotzdem ein paar Dinge beachten, auch WENN DU DAS MEISTE LERNST, OHNE ES ZU MERKEN. Das A und O beim Lernen ist, Lerninhalte so zu verarbeiten, dass die neuen Informationen mit bereits vorhandenem Wissen verknüpft werden. Im Umkehrschluss bedeutet das: Alles, was im Gehirn nicht mit schon bestehendem Wissen verlinkt werden kann, wird bald wieder vergessen. – Was also gilt es zu beachten, wenn Du Deine Lernstrategie verbessern willst?

ERSTENS

Entscheidend ist, das mag Dich überraschen, die KÖRPERHALTUNG. Gerade hinsetzen, tief durchatmen und das Chaos um Dich herum möglichst geringhalten. Also musst Du den Schreibtisch aufräumen und Dich vor Ablenkungen schützen, indem Du an einen ruhigen Ort gehst und Handy sowie Internet ausschaltest. Multitasking funktioniert beim Lernen nämlich nicht!

ZWEITENS

Wichtig für effektives Lernen ist eine gute PLANUNG. Zuerst musst Du Dir eine Übersicht über den Stoff verschaffen, um daraus zu schließen, wie lange vor der Prüfung Du mit Lernen anfangen solltest. Auf jeden Fall solltest Du genügend Zeit für Wiederholungen und Pausen einplanen, damit sich das neu erworbene Wissen auch setzen kann.- (Du musst es sozusagen internalisieren.)

DRITTENS

HÄPPCHENWEISE zu lernen ist besser als «en bloc». Effektiver, als zehn Stunden am Stück zu lernen, ist es, sich den Stoff einzuteilen und die Lerneinheiten zeitlich zu verteilen. Demzufolge müsstest Du immer wieder Pausen machen, auch mal einen ganzen Tag, um Deinen Kopf auszulüften. Wenn Du erst kurz vor der Prüfung anfängst zu lernen und durchpauken musst, läufst Du Gefahr, das schnell angeeignete Wissen gleich wieder zu vergessen. Um Dich in den Pausen zu entspannen, musst Du auf Computerspiele verzichten; denn das soeben Gelernte kann nicht abgespeichert oder internalisiert werden, wenn Du das Gehirn gleichzeitig mit aufregendem, stark emotionalisierendem Stoff fütterst.

VIERTENS

MENS SANA IN CORPORE SANO, die verkürzte Redewendung des römischen Dichters Juvenal, verbietet Dir eigentlich Schokolade und Gummibärchen als Motivationsspritze! Zu viel Zucker wirkt sich, wie zahlreiche Universitätsstudien auf der ganzen Welt nachgewiesen haben, negativ auf die kognitiven Fähigkeiten aus. So besehen, ist es von Vorteil, wenn Du Dich nach dem erreichten Lernziel mit etwas belohnst, das Dir hilft, Deinen Organismus so zu stärken, dass er nicht nur physisch, sondern auch mental einer länger anhaltenden Belastung standzuhalten vermag. – (Laufen, Radfahren oder Schwimmen sind die bekanntesten Ausdauersportarten, aber auch Rudern oder Skilanglauf zählen dazu, um diesen nachhaltigen Effekt zu erreichen.)

FÜNFTENS

Beim Erwerb von «Können» und «Wissen» spielt die ÜBUNG eine entscheidende Rolle. Deshalb führt für die wenigsten Schülerinnen und Schüler das «selbstorganisierte Lernen» zum gewünschten Erfolg. (So wie im Sport gilt auch für die Schule: OHNE TRAINING KEIN ERFOLG!) Somit ist es hilfreich, mit ausgearbeiteten Lösungsbeispielen zu arbeiten, um nachvollziehen zu können, wie andere bei der Lösung ähnlicher Probleme vorgegangen sind. Prüfungsaufgaben zu üben, ist eine erfolgreiche Lernstrategie. Beim Abrufen von Wissen strukturiert sich das eigene Wissen sogar nochmal um, das heisst, Du lernst die Inhalte dadurch noch besser. Sinnvoll ist auch, sich auf einem weißen Blatt zu notieren, woran Du Dich erinnerst.

SECHSTENS

HANDSCHRIFT STATT LAPTOP klingt nach «Old School». So what? Erfahrungen und wissenschaftliche Studien belegen, dass Studierende, die sich Notizen mit dem Laptop machten, bei Prüfungen allgemein schlechter abschneiden als solche, die sich handschriftlich das Wichtigste merken. Ausserdem ist die Tendenz von Laptop-Benutzern, Vorlesungen Wort für Wort mitzuschreiben, anstatt die Informationen in eigene Worte zu fassen, dem Lernen abträglich.

SIEBTENS

Überraschenderweise sind SPICKZETTEL ein probates Mittel für bessere Leistungen, egal ob an der Schule oder an der Universität. Beim Schreiben von Spickzetteln machst Du Dir Gedanken, was wichtig ist, und nur das schreibst Du auf. – In der Regel kannst Du Dir die Dinge, die auf Deinem Spickzettel stehen, sowieso besser merken und brauchst zum Schluss den Zettel gar nicht mehr. – Wirklich sinnvoll für den langfristigen Lernerfolg sind Zusammenfassungen allerdings nur dann, sofern Du Dir selbst erarbeitet hast, was das Wesentliche am aktuellen Thema ist.

ACHTENS

Zum Schluss möchte ich Dir noch Folgendes zu bedenken geben: Es gibt wohl kaum einen Studiengang, in dem Begabung die zentrale Rolle spielt. Jene, die richtig lernen, können viel erreichen. Schülerinnen und Studenten, die auf lange Sicht gute Leistungen erzielen, müssen nicht überdurchschnittlich intelligent und talentiert sein. Wichtiger als Begabung sind Durchhaltevermögen, eine hohe Leistungsbereitschaft sowie natürlich eine gute Lern- und Arbeitstechnik.

Christoph Frei, Akademisches Lektorat, CH-8032 Zürich