#Gymiprüfung nicht bestanden – und jetzt?

NOW THIS! Du hast die Prüfung ans Gymnasium nicht bestanden. Und jetzt? Jetzt bist Du traurig und enttäuscht. Das ist völlig in Ordnung, das muss sogar so sein. Die Gymiprüfung ist eine schwierige Hürde, daher entscheidet oft die Tagesform oder ein Quäntchen Glück über den positiven Ausgang Deines Prüfungs-Abenteuers. Trotzdem musst Du Dich im Verlauf der nächsten Wochen fragen, welche Möglichkeiten es gibt, solltest Du die Prüfung in den Sand gesetzt haben. Zunächst einmal gilt es, das Resultat zu akzeptieren. Die Lehrer haben bestimmt nicht gegen Dich korrigiert, zumal alle Aufgaben mit einem Korrekturschlüssel begutachtet wurden. Darüber hinaus hat noch ein Lehrer Deiner jetzigen Schulstufe zur Sicherheit Deine Ergebnisse überprüft, so dass Du davon ausgehen kannst: Alles ist mit rechten Dingen zu- und hergegangen. Wer bestanden hat, ist selbstverständlich positiv gestimmt. Natürlich, er oder sie hat’s geschafft und fühlt sich bestätigt. Für diejenigen, welche nicht erfolgreich waren, ist die nicht bestandene Prüfung oft, wo kein Schlag ins Gesicht, so doch eine Abfuhr mit der Botschaft: «Du bist nicht gut genug!» Nicht auszuschliessen, dass das auch stimmt. Bedenke deshalb nochmals Dein Prüfungsresultat. Zwei meiner Schüler, nennen wir sie A und B, bekamen zum Beispiel in der schriftlichen Mitteilung von der Schule folgenden Bescheid:

Sehr geehrte Frau A
Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass Ihre Tochter Laura die Aufnahmeprüfung nicht bestanden hat. Sie hat in den massgebenden Fächern folgende Resultate erzielt:
Deutsch: 3,63 (Aufsatz: 3,75, Sprachprüfung: 3,5)
Mathematik: 3,5
Ihre Tochter hat unter Einbezug der Erfahrungsnoten (Deutsch: 5,0, Mathematik: 5,0) einen Gesamtdurchschnitt von 4,28 erreicht. Sie kann deshalb leider nicht in die Probezeit aufgenommen werden (erforderlicher Durchschnitt mindestens 4.5).

Im vorliegenden Fall handelt es sich offensichtlich um eine Primarschülerin mit recht guten Vornoten, die an der Aufnahmeprüfung das zuvor Gelernte nicht wunschgemäss umsetzen konnte. Dabei fällt auf, dass sie in keinem Fach eine genügende Note erzielte und auch im Fach Deutsch in beiden Teilen fallierte, obwohl die Prüfung in die Kompetenzen «Schreiben» und «Lesen» aufgeteilt war. Wirklich tief sind die Prüfungsresultate allerdings nicht, so dass nicht auszuschliessen ist, dass sie bei einer etwas entspannteren Haltung das Examen hätte bestehen können. Vermutlich war sie einfach noch etwas zu jung und übermotiviert, so dass es sich lohnen könnte, nach einer guten Vorbereitung in der Sekundarschule die Prüfung in ein Kurzgymnasium in zwei Jahren nochmals zu versuchen.

Klarer liegt der Fall im Hinblick auf den Schüler B. Er erhielt von der Schule folgenden abschlägigen Bescheid:

Sehr geehrter Herr und Frau B
Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass Ihr Sohn Moritz die Aufnahmeprüfung nicht bestanden hat. Er hat in den massgebenden Fächern folgende Resultate erzielt:
Deutsch: 3,63 (Aufsatz 3,75, Sprachprüfung 3,5)
Mathematik: 2,0
Französisch: 5,25
Moritz hat einen Gesamtdurchschnitt von 3,3 erreicht. Er kann deshalb weder direkt in die Probezeit aufgenommen (erforderlicher Durchschnitt mindestens 4,0) noch zur mündlichen Prüfung zugelassen werden (erforderlicher Durchschnitt mindestens 3,75).

Offensichtlich handelt es sich hierbei um einen Sekundarschüler, der sich wie alle Kandidaten ohne Vornoten für die «Zentrale Aufnahmeprüfung» (ZAP) angemeldet hat. Die Stärke im Fach Französisch lässt darauf schliessen, dass er einen bilingualen Sprachhintergrund ausweist, der es ihm freilich nicht verunmöglicht hätte, die Aufnahmeprüfung zu bestehen. Auch ohne Taschenrechner lässt sich einfach feststellen, dass er zuerst und vor allem wegen der Mathematik die Prüfung nicht bestanden hat. Warum er keine bessere Leistung in diesem Fach erreichte, tut an dieser Stelle nichts zur Sache. Es zeigt sich indessen, dass Aufnahmeprüfungen mit absoluten Tiefnoten nicht zu bestehen sind.

Was sind nun aber die Optionen, wenn Du die Prüfung nicht bestanden hast? Welche Möglichkeiten gibt es, wenn Du zwar ans Gymi (oder ähnlich) möchtest, jedoch an der Prüfung durchgefallen bist? Ich liste Dir hier einige Vorschläge auf:

ERSTENS ein erneuter Versuch: Hast Du die Gymiprüfung ab der 6. Primarschule nicht bestanden, wechselst Du automatisch an die Sekundarschule. Ähnlich verhält es sich, wenn Du aus der 2. Sekundarstufe kommst. Du bleibst weiterhin in der gleichen Klasse. Für beide Gruppen bietet sich die Möglichkeit, später noch einmal anzutreten. Ehemalige Schüler der 6. Klasse melden sich für die Gymiprüfung ab der 2. oder 3. Sekundarschule an; Schülerinnen der 2. Sekundarschule können es ein Jahr später noch einmal versuchen. Für Abgänger der 3. Sekundarschule bieten sich neben der Prüfungsrepetition ein Jahr später (Achtung: Altersgrenze!) weitere Möglichkeiten (siehe unten).

ZWEITENS ein alternativer Schultyp: Wie Du sicher weisst, sind die Anforderungen je nach Schultyp unterschiedlich. Beispielsweise gelten nicht die gleichen Aufnahmebestimmungen beim Gymnasium und der FMS. Zwar reicht das Resultat nicht fürs Gymi, aber vielleicht für die FMS? Informiere Dich über die einzelnen Schultypen.

DRITTENS ein Gymikurs an einer privaten Vorbereitungsschule: Sollte es an der Gymiprüfung nicht geklappt haben, so kann es an einer ungenügenden Vorbereitung gelegen haben. Eine Gymiprüfung ist sehr strukturiert. Das heisst, dass nicht nur das Wissen und Können getestet wird, sondern ebenfalls wie gut Du mit dem Prüfungstyp ZAP umzugehen weisst. Gerade dieser Umgang kann bis zu einem gewissen Grad gelernt werden ähnlich wie die Aufgabentypen in Mathematik, Deutsch und Französisch. Idealerweise wird in Gymikursen das bestehende Wissen in den genannten Fächern erweitert und vertieft. Probeprüfungen können Dir hierbei helfen, die nächste Aufnahmeprüfung entspannter anzugehen und die Selbstsicherheit zu stärken.

VIERTENS eine Berufslehre: Gerade heute ist dies eine gute Wahl. Nicht nur weil es in vielen Bereichen zu viele Akademiker gibt, sondern auch wegen des Angebots der Berufsmittelschulen. Vielleicht möchtest Du auch gar nicht wirklich weiter zur Schule gehen, sondern lieber etwas Praktisches lernen, das weniger kopflastig ist wie der oft doch recht trockene Schulstoff. Das Nichtbestehen der Aufnahmeprüfung kann also auch eine Möglichkeit sein, einen Richtungswechsel einzuschlagen und mit einer Berufslehre zu beginnen. Freilich wird Dir dort ebenfalls einiges abverlangt, jedoch wirst Du sehen, dass die Welt der Erwachsenen gar nicht so langweilig ist, wie Du vielleicht denkst, im Gegenteil. Bewirb Dich doch bei einem Betrieb und wenn Du klug und fleissig bist, kannst Du noch in die BMS einsteigen.

FÜNFTENS ein Zehntes Schuljahr: Dieses offeriert Dir ein sogenanntes Brückenjahr. Es bereitet Dich auf eine Berufslehre vor. Das zehnte Schuljahr wird oft als Überbrückungsjahr gewählt, wenn Dir die Berufsrichtung noch nicht ganz klar ist oder Du keine Lehrstelle gefunden hast. Beim 10. Schuljahr kannst Du neben den Kernfächern Wahlfächer bestimmen, welche die Vorbereitung auf eine bestimmte Berufsrichtung unterstützen. Eine echt gute Alternative also, wenn Du Dich für eine Berufslehre entschieden hast, aber noch keinen Lehrbetrieb finden konntest.

Das duale Bildungssystem ermöglicht viele Abschlüsse über viele Wege. Wenn es mit dem ersten nicht klappt, solltest Du nicht gleich den Kopf in den Sand stecken, sondern Dir überlegen und Dich informieren, was für Dich am meisten Sinn macht, wann es Sinn macht und dann einfach nochmals probieren.

Christoph Frei, Akademisches Lektorat, CH-8032 Zürich