Mein Sprachtipp für bessere Texte

AKTIV-PASSIV

A) Was bedeuten Aktiv und Passiv?

Bei Aktiv und Passiv handelt es sich um verschiedene Blickwinkel, aus denen ein Geschehen beschrieben werden kann: Im Aktivsatz steht der Handelnde im Mittelpunkt, im Passivsatz der Betroffene.
Aktivsätze sagen also aus, wer handelt. Zum Beispiel: «Jonas schiesst den Ball.»
In sogenannten Passivsätzen ist es unwichtig, wer handelt. Zum Beispiel: «Der Ball wird geschossen.»

B) Die Bildung von Aktiv und Passiv

Um zu zeigen, wie sich die beiden Darstellungsweisen Aktiv und Passiv auf den Satzbau und die Verbkonstruktion auswirken, gehen wir von folgendem Aktivsatz aus:

Der Kellner bedient den Gast. (Aktiv, Präsens)

Der Gast wird vom Kellner bedient. (Passiv, Präsens)

Wir erkennen, dass bei der Bildung des Passivsatzes das Objekt des Aktivsatzes zum Subjekt des Passivsatzes wird, während das Subjekt des Aktivsatzes zum Objekt des Passivsatzes wird.

Zweitens verwenden wir zur Bildung des Passivsatzes das Hilfsverb «werden» sowie das Partizip Perfekt.

Die Umformung muss zeitgleich sein, somit müssen Aktiv- und Passivsatz in der gleichen grammatischen Zeitform stehen. Im Passivsatz steht daher immer 1 Verb mehr als im Aktivsatz.

Der Kellner hat den Gast bedient. (Aktiv, Perfekt)

Der Gast ist vom Kellner bedient worden. (Passiv, Perfekt)

Steht der Aktivsatz im Futur, gibt es im Passivsatz zwei «werden», weil für die Bildung des Futurs ebenfalls «werden» gebraucht wird.

Der Kellner wird den Gast bedienen. (Aktiv, Futur)

Der Gast wird vom Kellner bedient werden. (Passiv, Futur)

C) Wann sind Passivsätze angebracht?

Aktivsätze sind Passivsätzen aus folgenden Gründen vorzuziehen:

1) Aktivsätze sind klarer und leichter verständlich als Passivsätze
2) Aktivsätze sind kürzer und eleganter als Passivsätze.

Passivsätze sind im Allgemeinen nur in den folgenden Fällen angebracht:

1) Im Passivsatz kann der Täter weggelassen werden, wenn der Täter uninteressant oder bekannt ist.
Der Schalter wird um 5 Uhr geschlossen.

2) Im Passivsatz kann der Täter weggelassen werden, wenn der Täter dem Sprecher unbekannt ist.
Das Rad wurde vor 6000 Jahren erfunden.

3) Im Passivsatz kann der Täter weggelassen werden, wenn der Täter verschwiegen werden soll.
Hier sind grosse Fehler gemacht worden.

4) Der Passivsatz stellt das Opfer in den Mittelpunkt.
Lateinamerika ist von den Auswirkungen der Asienkrise bisher nicht direkt erfasst worden.

D) Exkurs: Das Zustandspassiv als Sonderform des Passivs
Es bezeichnet eine Konstruktion, die in den meisten Fällen einen Zustand als Resultat eines Prozesses ausdrückt. Das Zustandspassiv zeigt somit ein abgeschlossenes Ereignis an und ist das Ergebnis eines vorausgegangenen Vorgangs. Das Agens entfällt. Gebildet wird das Zustandspassiv mit dem Hilfsverb sein und dem Partizip II.
Die Tür ist geschlossen.
Der Patient ist operiert.

Christoph Frei, Akademisches Lektorat, CH-8032 Zürich