Was für ein Schreibtyp bist Du?

Die nächste Hausarbeit kann kommen, vorausgesetzt, Du weisst, welcher Schreibtyp Du bist. Der folgende Test soll Dir dabei helfen herauszufinden, wie Du Deine Textarbeit optimieren kannst.

Der Schreibtyp-Test

Entscheide Dich jeweils zwischen a), b) und c), notiere Dir Deine Antworten und schaue dann, welche Antwort Du am häufigsten gewählt hast.

Wie viele Aufsätze liest Du in etwa, bevor Du anfängst, eine wissenschaftliche Arbeit zu schreiben?

a) 3 bis 6

b) 1 bis 2

c) Mindestens 7 und das ein oder andere Buch

Welcher dieser Aussagen stimmst Du am ehesten zu?

a) “Bevor ich anfange zu schreiben, muss ich die wichtigsten inhaltlichen Fragen geklärt haben.”

b) “Beim Schreiben klären sich meine Gedanken.”

c) “Ich möchte einen fundierten Überblick über die Forschungsliteratur haben, bevor ich anfangen kann, zu schreiben.”

Auf welche Weise zitierst Du?

a) Ich zitiere nur prägnante Aussagen, die in der Forschungsliteratur besonders herausstechen, direkt. Sonst belege ich meine Argumente regelmässig durch indirekte Textverweise.

b) Ich schreibe zunächst frei und zitiere dann in einem nächsten Schritt die wichtigsten Punkte indirekt oder in Ausnahmefällen direkt.

c) Ich belege die meisten meiner Aussagen. Dabei verweise ich auf Kontroversen in der Forschungsliteratur und allenfalls auf Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten.

Achtest Du beim ersten Textentwurf auf korrekte Formulierungen?

a) Ich beachte die Rechtschreibregeln und schreibe meist ganze Sätze. Aber wenn mir auf Anhieb keine perfekte Formulierung einfällt, schreibe ich trotzdem weiter.

b) Nein, das kommt erst im nächsten Schritt.

c) Ja, denn der Text soll gut lesbar sein.

Hast Du manchmal Angst, dass Deine Arbeitszeit nicht ausreicht?

a) Manchmal, aber alles in allem ist der Zeitrahmen ausreichend.

b) Nein, ich kann mich auch nicht zu lange mit einem Thema beschäftigen.

c) Ja, manchmal weiss ich gar nicht, wohin meine Zeit verfliegt.

Die Auswertung

Überwiegend A: Du bist ein Praxisschreiber wie ein Journalist.

Der Praxisschreiber versucht, ein gesundes Mittelmass zwischen Information und Schreibfluss zu finden und ist damit auf einem sehr guten Weg. Texte produziert er mit der nötigen Sorgfalt, weiss aber auch, dass kein Erstentwurf perfekt sein muss. Den Feinschliff übernimmt er lieber in einem zweiten Schritt.

Der Praxisschreiber

• kommt rasch voran ist aber auch gründlich;
• kann seine Zeit sinnvoll einteilen;
• weiss in der Hälfte, wie viel Literatur er in welcher Zeitspanne bearbeiten kann.

Schreibtipps

• Die Endfassung ein paar Tage liegen lassen, bevor sie final überprüft wird. Mit etwas zeitlichem Abstand fallen Fehler und Ungereimtheiten besser auf.
• Bei der Überarbeitung des Erstentwurfs ist scharfe Kritik gefragt: Ist die Gliederung logisch? Sind die Argumente nachvollziehbar?
• Fremde erkennen Schwachstellen oft viel leichter.
• Die formale Gestaltung darf nicht vernachlässigt werden.

Überwiegend B: Du bist ein schneller Schreiber wie Alfred Döblin oder Thomas Mann

Der schnelle Schreiber fackelt nicht lange, sondern schreibt drauflos und kommt zügig voran. Er kennt die wichtigste Sekundärliteratur, aber nicht jeden einzelnen Aufsatz zum Thema. Er zitiert nur dann, wenn eine Aussage besonders wichtig erscheint.

Der schnelle Schreiber

• kommt gut mit dem Zeitrahmen zurecht;
• hat keine Schreibhemmungen und verzettelt sich nicht bei der Literaturrecherche und beim Lesen;
• hat Probleme, die geforderten Seiten zu füllen, und mogelt sich mit Tricks wie Zeilenschinderei durch;
• macht Flüchtigkeitsfehler, weil er den genauen Sachverhalt nicht überblickt.

Schreibtipps

• Sich die Zeit für eine gründliche Recherche nehmen.
• Gedanken erst stichpunktartig, am besten mit vollständiger Literaturangabe aufschreiben.
• Wenn der Überblick da ist, mit Formulieren beginnen und dabei alles kritisch hinterfragen.
• Weitere Sekundärliteratur kann mögliche Ungereimtheiten klären.

Überwiegend C: Du bist ein langsamer Schreiber wie Gustave Flaubert oder Christoph Ransmayr

Der langsame Schreiber möchte erst perfekt informiert sein, bevor er zu schreiben anfängt. Daher liest er erst zahlreiche Forschungsbeiträge, bevor er selbst einen Text produziert. Darüber hinaus neigen langsame Schreiber dazu, jede Formulierung sofort zu perfektionieren.

Der langsame Schreiber

• zeichnet sich durch hohe Qualität und Tiefe aus;
• weiss über sein Thema Bescheid und bekommt in der Regel gute Noten;
• seine langsame Arbeitsweise kann Zeitprobleme zur Folge haben;
• empfindet das Schreiben oft als belastend.

Schreibtipps

• Zur Not erstmal Lücken lassen, wenn die passende Formulierung nicht sofort gelingt.
• Im Gespräch mit anderen über die Arbeit lässt sich das üben. Da kann man schliesslich auch nicht lange zögern, bis ein Gedankengang sitzt.
• Ein gutes Zeitmanagement hilft, einen Überblick zu bekommen und Unwichtiges aus dem Schreibprozess zu verbannen.

Zu kompliziert? Dann schau Dir den Video-Clip auf YouTube an, wo zwei Schreibtypen von Gerd Bräuer vorgestellt werden. Im Wesentlichen geht es dabei um Strukturschaffer und Strukturfolger. Hier ist der Link:

Wer’s genauer wissen will, kann auch die folgende Publikation von Gerd Bräuer lesen: “Das Portfolio als Reflexionsmedium für Lehrende und Studierende”

Ausserdem zu empfehlen ist die «Schreibfitness-Mappe» von Ulrike Scheuermann mit 60 Checklisten, Beispielen und Übungen für alle, die beruflich schreiben. Erschienen 2011 im LINDE VERLAG WIEN.

Christoph Frei

www.akademisches-lektorat.ch

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Bild:
Anton Pawlowitsch Tschechow in Nizza. Ein Porträt (1898) von Ossip Bras,
heute in der Moskauer Tretjakow-Galerie ausgestellt