7 BESTE #SCHREIBEMPFEHLUNGEN FÜR LÄNGERE TEXTE

Meine 7 besten #Schreibempfehlungen für längere Texte zeigen Dir …

… wie Deine Texte wieder Wind unter die Flügel kriegen.

• Mit welcher Strategie Du Schreibblockaden begegnest.

• Wie Du einfach den Einstieg in den Schreibprozess findest.

• Und natürlich, wie Du bis zum Ende durchhältst.

Meine erste beste #Schreibempfehlung für längere Texte
FANG EINFACH AN

Nirgends steht geschrieben, dass Du einen Text von Anfang bis zum Schluss in einem Stück durchschreiben musst. Nirgends steht geschrieben, dass Du einen Text in der Reihenfolge schreiben musst, wie ihn später der Leser oder die Leserin zu Gesicht bekommt. Schliesslich leben wir im Computerzeitalter. Wenn es Dich weniger Überwindung kostet, beginne mit einer Passage, zu der Dir am meisten einfällt. Und schreibe den Anfang später, nachdem Du vielleicht bei einem Spaziergang eine zündende Idee hattest. Bei längeren Texten wie Bachelor- oder Masterarbeiten empfiehlt es sich ohnehin, sie in einzelnen Untereinheiten abzuarbeiten, zumal Dich das weniger einschüchtert, als ein Riesenopus als Ganzes anzugehen. Damit das funktioniert, brauchst Du eine gute Gliederung, eine folgerichtige Strukturierung Deiner Gedanken also. Und das bringt mich zur nächsten besten #Schreibempfehlung.

Meine zweite beste #Schreibempfehlung für längere Texte
MACHE EINE GLIEDERUNG

Eine Gliederung sollte die folgenden Fragen beantworten:
• Wie willst Du anfangen?
• Was steht in welcher Reihenfolge im Hauptteil?
• Womit soll Dein Text enden?

Indem Du zu Beginn den Aufbau planst und schriftlich festhältst, kannst Du Dir beim Schreiben und Überarbeiten eine Menge Zeit ersparen. Bei längeren Texten bist Du ohne so einen Bauplan verloren. Wenn Du nämlich einen fertigen Text neu strukturieren musst, weil der rote Faden fehlt, wird’s kompliziert und richtig aufwändig. Ausserdem wäre es doch schade, wenn Du schön strukturierte Passagen streichen müsstest, weil diese bei genauem Hinsehen überflüssig sind. Besonders gut gefällt mir eine Methode der Gliederung, die der Buchlektor David Carr als THE NO-STRESS WAY FOR WRITERS TO OUTLINE bezeichnet. Dieses Vorgehen eignet sich vor allem für längere Sachtexte und funktioniert, vereinfacht gesagt, wie folgt: Nimm ein Notizheft oder Block, jedenfalls Papier, und einen Stift, und setz Dich irgendwo hin, wo Du ungestört bist. Konzentriere Dich auf das Thema und schreibe in Stichworten 10 bis 20 Punkte auf, die Du behandeln willst. Gib anschliessend diese Punkte in ihrer logischen Reihenfolge untereinander in den PC ein. Überlege im nächsten Schritt für jeden dieser Punkte mehrere Dinge, über die Du in dem Zusammenhang schreiben willst. Dann gehe zurück an den Computer und amplifiziere die einzelnen Punkte, bis die ganze Gliederung ausformuliert ist. – Für David Carr bietet dieses Vorgehen den Vorteil, dass Du beinahe für jeden Absatz des Textes den ersten Satz formuliert oder angedacht hast. (Wenn Du, wie es in den USA üblich ist, einen Absatz so aufbaust, dass der erste Satz den neuen Gedanken enthält und die weiteren Sätze die Erklärung dazu bilden.) Klar ist das nur eine Möglichkeit, einen Text vorzustrukturieren. Andere arbeiten lieber mit sogenannten «Mind-Maps», wieder andere gehen ganz spontan vor. Wie Du eine Gliederung anfertigst, ist unwichtig. Entscheidend ist nur, dass Du es tust. (Natürlich bevor Du mit dem Schreiben beginnst.) Wenn Du Dir somit vor dem Schreiben Gedanken über Inhalt und Struktur machst und eine Gliederung skizzierst, sparst Du Zeit, erleichterst Du Dir die Arbeit und erzielst ein besseres Ergebnis. Ausserdem hast Du verschiedene Ausgangspunkte, an denen Du mit der Arbeit an Deinem Text beginnen oder fortfahren kannst.

Meine dritte beste #Schreibempfehlung für längere Texte
DON’T BREAK THE CHAIN

Die Ermahnung «Don’t break the chain» wird dem amerikanischen Comedian Jerry Seinfeld zugeschrieben. Das Prinzip entspricht in etwa dem, was Thomas Mann in seiner Erzählung «Tod in Venedig» mit «motus animi continuus» umschreibt, worin nach Cicero das Wesen der Beredsamkeit besteht, das möglichst nicht unterbrochen werden sollte. Entsprechend heisst es im ersten Kapitel: «Überreizt von der schwierigen und gefährlichen, eben jetzt eine höchste Behutsamkeit, Umsicht, Eindringlichkeit und Genauigkeit des Willens erfordernden Arbeit der Vormittagsstunden, hatte der Schriftsteller dem Fortschwingen des produzierenden Triebwerkes in seinem Innern, jenem ‘motus animi continuus’, worin nach Cicero das Wesen der Beredsamkeit besteht, auch nach der Mittagszeit nicht Einhalt zu bieten vermocht und den entlastenden Schlummer nicht gefunden, der ihm, bei zunehmender Abnutzbarkeit seiner Kräfte, einmal am Tag so nötig war.» Bei dieser Methode hakst Du auf einem Kalender die Tage ab, an denen Du zum Beispiel an Deiner Masterarbeit geschrieben hast. Im Grunde lässt sie sich das Prinzip des «Don’t break the chain» auf alle grösseren Projekte anwenden. Ziel und Zweck bestehen darin, eine möglichst lange, ununterbrochene Kette von Tagen zu erzeugen, an denen Du an dem betreffenden Text gearbeitet hast und die auf dem Kalender gut sichtbar durchgekreuzt sind. Dieses Phänomen wird auch als Streak bezeichnet, eine «Schreibsträhne» also, in der Du ähnlich wie bei einer «Glückssträhne» richtig gut vorwärtskommst. Angenommen ein Autor oder eine Autorin schreibt während mehr als fünf Jahren jeden Tag 600 Wörter, auch an Sonn- und Feiertagen und bei Krankheit, dann ist es verständlich, dass er oder sie davor zurückschreckt, die Kette oder Strähne plötzlich abreissen zu lassen. Möglich, dass das Schreiben so sehr zur Routine oder Gewohnheit geworden ist, dass man gar nicht mehr anders kann, als weiterzumachen. Wenn die Kette erst einmal eine gewisse Länge erreicht hat, so die Theorie, haben Schreibängste und –blockaden keine Chance mehr, Dich aus dem Tritt zu bringen. Die Methode, das Schreiben zur Gewohnheit zu machen, kannst Du natürlich auch etwas flexibler gestalten. Nicht von der Hand zu weisen ist freilich die Tatsache, dass Gewohnheiten eine Haltung verstärken, vermutlich weil das Gehirn einen Zustand kennengelernt hat, der ihm angenehm ist und den es immer wieder herstellen möchte. Man spricht diesbezüglich auch von Körperintelligenz.

Meine vierte beste #Schreibempfehlung für längere Texte
DIE TÄGLICHE SCHREIBROUTINE

Schreiben muss in den Alltag integriert werden. Manche schreiben gerne direkt nach dem Aufstehen. Ich gehöre dazu. Wie Ernest Hemingway stehe ich gerne früher auf, um noch schreiben zu können, solange der Kopf vom Alltagsdurcheinander frei ist, also bevor der Tag richtig beginnt. Andere schreiben lieber abends, wenn alles erledigt und der Rest der Familie im Bett ist und schläft. Wieder andere wie zum Beispiel Thomas Mann schreiben immer am späten Vormittag, gehen dann für eine Stunde spazieren und redigieren nachher das Geschriebene mit dem nötigen zeitlichen Abstand. Wichtig dabei ist nur, dass Du regelmässig schreibst. Hierfür musst Du eine feste Zeit als Anker finden. Morgens zwischen 4 und 6, abends zwischen 22 und 24 Uhr oder in der Mittagspause zwischen 14 und 16 Uhr, bevor die Kinder aus der Kita oder Schule kommen. Entscheidend ist, eine gesetzte Zeit am Tag zu finden, an der Körper und Gehirn nach einer gewissen Eingewöhnungszeit, die in der Regel deutlich kürzer ist, als Du glaubst, auf Autopilot schalten und wissen: Jetzt ist Schreibzeit, sonst wird’s heute nix. Auslöser helfen Dir dabei, eine Routine zu entwickeln. Manche kochen sich einen Kaffee, andere gehen vorher eine Runde joggen oder machen einen Spaziergang, wieder andere meditieren oder nehmen ein heisses Bad. Einen Auslöser für die Schreibroutine festzusetzen, ist von Vorteil, da so das Ritual des täglichen Schreibens ohne innere Anstrengung eingeleitet wird.

Meine fünfte beste #Schreibempfehlung für längere Texte
TRENNE DIE SCHREIBPHASEN

Viele meiner Studentinnen und Studenten trennen die Schreibphasen nicht konsequent und wundern sich dann, wenn keine anständigen Texte entstehen. Setzen wir der Einfachheit halber zwei Schreibphasen voraus: Zunächst schreibst Du einen Entwurf, eine erste Fassung. Diese überarbeitest Du dann so lange, bis das Ergebnis brauchbar oder gut (wenn auch nie perfekt) ist. Ein möglicher Grund für Schreibblockaden besteht darin, dass der innere Kritiker sich schon während der ersten Phase überlaut bemerkbar macht. Deshalb solltest Du die beiden Phasen konsequent auseinanderhalten. Also beim Schreiben der ersten Fassung dem inneren Kritiker konsequent den Mund verbieten oder ihn einfach nicht beachten. Bei der Überarbeitung, dem zweiten Schritt; darf er sich dann ruhig wieder melden. Aber möglichst höflich, bitte. Der Vorteil dieser Schreibstrategie liegt im Umstand, dass Du Dir beim ersten Entwurf sagen kannst: «Diesen Text braucht nie jemand zu sehen. Der ist nur für mich.» – Das befreit ungemein. Vielleicht sind Kinder, wenn man sie lässt, aus diesem Grund so kreativ und voller Einfälle. Es fehlt ihnen der «innere Zensor». Um nochmals auf den Anfang zurückzukommen, zeigt sich bei vielen meiner Studenten, dass sie die Schreibphasen nicht trennen und also auch auf keinen grünen Zweig kommen. Indem sie zum Beispiel mit Kugelschreiber einen Essay schreiben und jeden kleinen Fehler sogleich mit flüssig Tipp-Ex korrigieren wollen, vermischen sie konsequent Schreib- und Korrekturphase. Vielleicht kennst Du das, oder machst es gar selbst. Da sie unentwegt darauf warten müssen, bis das flüssig Tipp-Ex eingetrocknet ist, kommen sie gar nie in einen Schreibfluss. Möglicherweise schreiben sie sogar zu früh wieder mit ihrem Kugelschreiber, stellen fest, dass das flüssig Tipp-Ex noch gar nicht trocken ist, und beginnen wieder von vorne. Wer kann sich dann noch wundern, wenn überhaupt nie ein Schreibfluss entsteht, sie gleichsam immer wieder entgleisen, statt einmal richtig gut aufgegleist ihre Schreibstrecke runterzusurfen.

Meine sechste beste #Schreibempfehlung für längere Texte
HÖR AUF, WENN ES GERADE BESONDERS GUT LÄUFT

Ernest Hemingway hat seinen Tipp gegen Schreibblockaden so formuliert: «The best way is always to stop when you are going good and when you know what will happen next. If you do that every day … you will never be stuck.» Du sollst also mit dem Schreiben aufhören (für den Tag), wenn Du weisst, wie es weitergeht. Dann, so der amerikanische Literatur-Nobelpreisträger, steckst Du nämlich nie fest. Klingt logisch. Andere wie Marcus Johanus gehen noch einen Schritt weiter und empfehlen, mitten im Satz aufzuhören. Ich selbst benutze diese Methode freilich nie. Ja, sie ist mir zuwider. Wenn ich weiss, wie es weitergeht, schreibe ich es auf. Getrieben von der Angst, dass ich sonst diesen brillanten Einfall vergesse. Wenn die Zeit knapp ist, notiere ich mir zur Not Stichwörter. Weil dies meine Haltung ist, verfasse ich auch selten einen Text nach und nach vom Anfang bis zum Ende. Wenn mir etwas einfällt, eine treffendes Argument zum Beispiel, tippe ich es in den Computer oder schreibe es in ein Notizbuch und dann in den PC, selbst wenn es sich um das Ende einer ausgreifenden Textanalyse handelt. Normalerweise glauben die Leute, dass ich als sogenanner Freiberufler so viel Zeit beziehungsweise so wenig feste Termin habe, dass ich nicht abbrechen muss, wenn die Ideen sprudeln. Ich gehe häufig um die Mittagszeit ins Fitnessstudio, aber nie zu einem Kurs, da diese zu einer bestimmten Uhrzeit beginnen. Denn dann wäre ich eventuell gezwungen zu stoppen, wenn es gerade gut läuft, nur um pünktlich zu sein. Aber vielleicht ist Hemingways Vorgehensweise etwas für Dich.

Meine siebte beste #Schreibempfehlung für längere Texte
WIE DU WIEDER INS SCHREIBEN KOMMST

Schreibblockaden sind ein gut untersuchtes Phänomen, das fast in jedem grösseren Schreibprojekt irgendwann auftritt, Die Schreibforschung hat verursachende Faktoren und typische Zeitpunkte herausgefunden, zu denen vermehrt Schreibblockaden auftreten. Immer wenn der Druck zu hoch wird, funktioniert Schreiben schlechter. Die Schwelle liegt allerdings bei jedem woanders. Hohe Erwartungen können ebenso beflügeln wie hemmen. Manche brauchen den Last-Minute-Druck einer Deadline, andere sind dadurch blockiert. Oft treten Schreibblockaden am Übergang zwischen den Phasen eines Schreibprojekts auf. Vor allem beim Wechsel vom Lesen zum Schreiben und vom Rohtext-Schreiben zum Überarbeiten sowie kurz vor dem Ende des Schreibprojekts. Schwierigkeiten zu diesen Zeitpunkten sind normal. Wenn Du Dich nicht frustrieren lässt, geht es nach kurzer Erholungsphase wieder weiter. Mit welchen Strategien Du andernfalls wieder ins Schreiben kommst, findest Du hier kurz aufgelistet:

• Stelle Dir Fragen zu den einzelnen Textteilen, die Du dann für Dich beantwortest.
• Hör auf beim Schreiben gleichzeitig zu lesen oder zu überarbeiten.
• Verkürze die Schreibzeiten um wenigstens die Hälfte.
• Leg eine längere Schreibpause ein und versuch es dann nochmals.
• Setzte einen Auslöser für die tägliche Schreibroutine, damit ein Ritual das Schreiben einleitet.
• Wechsle den Schreibort und die Schreibzeit und verwende besseres Schreibmaterial.
• Tausche Dich mit andern über Dein Schreiben und Deine Schreibblockade aus.
• Arbeite mit jemand anderem bei einem Schreibtreff gemeinsam und nutze so die Gruppenenergie.
• Halte Dich an meine Schreibempfehlungen, auch wenn nicht alles auf Dich zugeschnitten ist.

Christoph Frei, Akademisches Lektorat, CH-8032 Zürich

Bild:
RUDOLF SCHLICHTER
PORTRÄT VON BERTOLT BRECHT